Werbung: Rezension: Backlash – Die neue Gewalt gegen Frauen von Susanne Kaiser
Verlag: Tropen
Seiten: 224
ISBN: 978-3608501728
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!
Darum geht es:
Je stärker die Frauen, desto größer der Hass auf sie
Der US Supreme Court verbietet das Recht auf Abtreibung, die Polizei verzeichnet einen starken Anstieg häuslicher Gewalt, auf TikTok werden Tötungsfantasien an Frauen zum Trend. Die These: Dieser Backlash ist eine Reaktion auf die zunehmende Gleichberechtigung. Wie kann der Teufelskreis durchbrochen werden? Die Journalistin Susanne Kaiser erzählt die ganze Geschichte und entwirft mögliche Lösungen.
Die Haustür ist übersät von Sicherheitsschlössern. Frau F. würde Minuten brauchen, sie alle zu öffnen. Angebracht hat sie ihr Mann, weil sie weg will. Sie ist Juristin, ihr Mann ein bekannter Richter.
»Stell dir vor, wir zwei hätten ein Stranddate und ich würde deinen Kopf so lange unter Wasser halten, bis du einfach stirbst. Lol.« 134.000 Likes auf TikTok.
In 37 Ländern ist im Jahr 2022 Abtreibung noch immer oder wieder verboten.
Privat, digital, politisch – die Formen der Gewalt sind nicht neu, doch sie richtet sich heute deshalb gegen die Frau, weil sie gleichberechtigt ist. Diese historische Verschiebung hat heftige Gegenkräfte aktiviert: erfolgreiche Männer aus gehobenen Kreisen, Jugendliche der Gen Z und politische Institutionen demokratischer Staaten. Gerade dort, wo die Gleichberechtigung besonders wirkmächtig war, ist der Backlash umso heftiger.
Susanne Kaiser forscht seit über zehn Jahren zu diesem Phänomen, sie hat mit Betroffenen gesprochen und analysiert das Problem gesellschaftlich, politisch und privat. Erst diese gesamtheitliche Sichtweise macht mit großer Klarheit deutlich, welch toxische Dynamik noch immer von männlich-weiblichen Rollenklischees ausgeht. Dieses Buch zeigt, wie wir sie überwinden können.
Cover-/ Textrechte: Tropen
Meine Meinung
Mich hat das Thema stark interessiert, allerdings muss ich sagen, dass wenig “Neues” dabei war. Es ist aber richtig und wichtig immer wieder drauf hinzuweisen, was vor sich geht, denn nicht Alles bekommt man erfasst
Gewalt gegen Frauen ist kein neues, aber ein wichtiges Thema, welches öffentlich definitiv mehr präsent sein sollte. Auch weil es sich durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Wer davon ausgeht nur “arme” Frauen oder welche mit Migrationshintergrund wären betroffen, der irrt. Das war mir tatsächlich auch nicht neu. Auch war mir nicht neu, wie rau der Ton ist oder sein kann, vor allem in Zeiten von Social Media, wo man sich hinter seinem Profil versteckt und glaubt eine große Nummer zu sein, wenn man andere beschimpft, beleidigt oder bedroht.
Allerdings ist dies eine Entwicklung, welche sich meiner Meinung nach durch beide Geschlechter zieht. Es fehlen Akzeptanz und Respekt gegenüber anderen und es geht immer weiter bergab. Frauen sind, dass ist auch meine persönliche Wahrnehmung, tatsächlich stärker betroffen, da sie als das schwächer Geschlecht gelten und anscheinend fühlen sich manche Männer in ihrer Männlichkeit verletzt, wenn die Frau eine höhere Position inne hat, mehr Geld verdient, selbstbestimmt mit wem sie ausgeht, mit wem sie schläft, was sie anzieht oder was auch immer. Das ist aber (leider) alles Nicht neu. Was aber neu ist, dass Rückschritte gemacht werden und das nur wenig Solidarität mit Betroffenen herrscht. Mein Empfinden.
Frauen werden selbst dafür verantwortlich gemacht, wenn sie begrapscht, belästigt oder vergewaltigt werden. Da kommt gefühlt noch immer zu oft: Selbst Schuld, wenn sie das trägt. Oder bei häuslicher Gewalt: Sie hatte es bestimmt verdient. Allerdings werden diese Aussagen schon lange nicht mehr nur von Männern getroffen.
Niemand das Recht mich ohne meine Erlaubnis anzufassen und Niemand hat es verdient geschlagen zu werden. Das beziehe ich aber auf beide Seiten der häuslichen Gewalt. Denn es gibt ja nicht nur die Gewalt gegen Frauen oder das Bestimmen über ihr Leben oder Aussehen. Es gibt auch Männer die in einer solchen Spirale feststecken. Hier muss auf jeden Fall der Mut von Den Betroffenen selbst kommen Anzeige zu erstatten oder den Partner zu verlassen.
Für beide Seiten gilt: Mein Körper und ich bestimme was damit geschieht. Das gilt für meine Klamotten, meine sexuelle Orientierung, und allgemein mein Aussehen.
Das Gleiche gilt für eine Abtreibung. Wie krank muss man sein, einer Frau dieses Recht zu nehmen? Erst recht, wenn ein Verbrechen der ganze Sache vorangeht. Das finde ich nach wie vor erschreckend und als gewaltigen Rückschritt. Demnächst ist dann wahrscheinlich auch wieder die Züchtigung und notfalls Vergewaltigung in der Ehe bei nicht Erfüllung der ehelichen Pflichten erlaubt. Ich könnte brechen, wenn ich nur daran denke.
Ich muss gestehen, dass ich mir gewünscht hätte, dass auch Betroffene zu Wort kommen. Wie kamen sie in die Situation, wie entkamen sie ihr und wie gehen sie mit dem Erlebten um? Das fehlte mir. Es wurden “Situationen” angerissen, aber gefühlt nicht hinterfragt.
Was mich tatsächlich erschreckt hat, waren die Beispiele am Anfang, dass es junge Männer gibt, die romantische Szenen entwerfen (ohne Frau) und dann sowas sagen wie: “Stell dir vor wir haben ein romantisches Date am Strand und dann ertränk ich dich.” Also Alles ganz hübsch und niedlich und dann wird der andere Datepart sterben. Sowas kam wohl auf TikTok richtig gut an. Erschreckender Weise. Das war an sich auch das “Neueste” für mich.
Fazit
Ich mag nicht mit Allem konform gehen, was die Autorin hier aufs Papier bringt, aber dennoch ist dieses Buch bzw. das Thema welches es beinhaltet wichtig. Ja, Frauen haben über die Jahre gelernt stark zu sein. Sie begleiten wichtige Positionen, sie sind unabhängig geworden und kämpfen für ihre Rechte. Das da noch viel Arbeit zu tun ist, steht definitiv fest. Natürlich bedeutet dies aber auch, dass es irgendwelche Männer gibt, die sich oder besser gesagt ihre Männlichkeit davon bedroht fühlen. Es wird (leider) immer wieder Rückschritte geben, denn leider begleiten eben jene, welche sich bedroht fühlen und eben jene Änderungen verhindern können, viele Ämter. Umso wichtiger ist es immer wieder auf die Missstände aufmerksam zu machen. Am Ende gibt es 4 Sterne von mir.
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